Review: „Endless Space 2 (PC)“

Mit „ES2“ folgt ein konsequent verbessertes 4X-Spiel, dass dem Vorgänger Ehre macht, aber eben in vielen Details aufbohrt. Die Entwickler haben hier fast Hand in Hand mit den Fans gearbeitet und so viele Wünsche und Ideen integriert bzw. Ungefälliges entschlackt.
„ES2“ ist ein forderndes und durchaus spannendes Taktik-, Aufbau-, Entdeckungs-, Optimierungs- und Forschungsspiel, das viele Stunden lang faszinieren kann!

Der Einstieg will durch viele Tutorial-Hinweise und Texte (samt aussenstehendem Erzähl-Avatar) leichter gestaltet werden, doch sollte man schon Genre-affin sein, um sich auch bald wohl zu fühlen, sonst dauert es etwas länger, bis man auch wirklich in der Materie angekommen ist. Hilfreich sind auf jeden Fall die überall anzufindenen, kontextbezogenen Mouse-Over-Texte, die wirklich jedes noch so kleine Icon oder gar Text-1-Zeiler erklären. Es gibt also anfänglich besonders viel zu lesen, dafür gelangt man recht bald sehr tief ins Geschehen und kennt sich an allen Ecken aus. Und das ist auch nötig, denn es gibt so viel zu „schrauben“, da ist man rundenweise sehr gut beschäftigt – nicht unbedingt in den ersten 20 Spielrunden, aber es wird ja schnell immer komplexer :).

Die sonstige Spiel- und Menüführung ist recht intuitiv gestaltet und, einmal im Spiel angekommen, findet man sich zielsicher und gut zurecht. Klasse ist hierbei z.B. die Suchfunktion im Technologie-Bereich. Dieser ist riesig gross in einem geviertelten Kreis dargestellt und um alles zu überblicken, muss herausgezoomt werden^^. Vielerorts im Spiel wird man darauf hingewiesen, dass dieses oder jenes erst mit der oder der Technologie möglich ist und diese kann man dann sogleich suchen, um sie danach zu erforschen – meist gelingt dies sogar direkt aus dem Kontext heraus mit strg+Mausklick auf den Begriff, z.B. bei einer Planetenbeschreibung, die angibt, was fehlt, um hier eine Kolonie gründen zu können.
Alles andere (Wirtschaft, Politik, Diplomatie, Flotte/Militär,…) findet sich in Reitern nebeneinander wieder und ist i.d.R. recht ausführlich dargestellt und aufgebaut. Gelegentlich muss man allerdings genauer hinschauen und die evtl. Konsequenzen aus den Einstellungen erst im Spiel erfahren, die zuvor probiert wurden, denn bei aller Liebe zum Detail und den vielen, vielen Erklärtexten, geht manchmal eine genaue „auf-den-Punkt“-Erklärung ab.
Die vielen Icons sind dagegen recht selbsterklärend und abwechslungsreich, aber immer passend, dargestellt.

Eine richtige Story gibt es nicht wirklich, mehr eine Nebengeschichte. Der oben erwähnte „Erzählavatar“ gibt nicht nur die Hinweise zum Spiel preis, sondern auch zum Geschehen selbst und berichtet (teils seherisch^^) über aktuelle Vorkommnisse oder Bevorstehendes. So muss unser Alter Ego bei den Menschen, als alternder Imperator, baldigst für eine/n Nachfolger/in sorgen und diese/n bestimmen, falls ihm etwas zustösst. Dies wird durch jeweils passende, vorgegebene Nebenmissionen angeleitet.
Bei den sieben anderen Rassen verhält es sich immer anders, jede hat ihre spezifischen (und teils sehr kreativen^^) Vorzüge und will entsprechend gespielt werden – jedoch wurde bei keiner eine solche Nebenhandlung gefunden. Die einen sind Technikverliebt und wollen in Frieden vor sich hin forschen, andere sind so ungestüm, dass sie ihre jeweils eigenen Planeten „auffressen“ und daher permanent expandieren müssen und wieder andere kommen gar aus einer anderen Dimension und sind mehr als „neugierig“ :).

Sobald im Spielverlauf dann auch noch die Helden-Akademie auf einem der zahllosen Planeten gefunden wurde, können fortan auch zusätzliche Charaktere angeheuert werden, die dann die Verwaltung auf Planeten bzw. deren Systemen oder die Steuerung von zugeteilten Flottenverbänden übernehmen. Die Helden steigen nach und nach (rundengebunden) im Level auf und erhalten so weitere Attributspunkte, die sie auf bestimmte Fähigkeiten (allerdings für alle gleich) verteilen, um so effektiver walten und schalten zu können.

Verwalten muss man selbst in erster Linie die Ausbauten der kolonisierten Systeme und hier gut darauf achten und abschätzen, welche Errungenschaften und Bauten auch auf lange Sicht sinnvoll sind, da die meisten auch rundenweise finanziell unterhalten werden wollen. Um hier aber temporär einige Vorzüge zu erhalten – immer die Bauzeit dabei bedenkend^^ -, können alle Gebäude später auch wieder abgerissen werden.
Ferner hat man natürlich immer die o.g. Forschung im Blick, wobei hier eine Warteliste angelegt werden kann und so die anvisierten Forschungsbereiche nach und nach automatisch angegangen werden. Die politischen Gegebenheiten verlangen auch immer wieder mal Aufmerksamkeit, da hier nun viele Parteien um die Vorherrschaft im Imperium buhlen und ihre eigenen Vorstellungen verwirklicht wissen wollen. Einfluss nimmt man hier durch Währung und/oder Ruf und durch vermehrtes Bauen oder Forschen bestimmter Richtungen. Bei (nicht immer nachvollziehbarer) sozialkritischer Beobachtung und dem richtigen Umgang mit dem Volke, lassen sich dann auch nach neuen Wahlen ausgesuchte Gesetztesvorlagen durchboxen, i.d.H. das diese weitere Vorteile für die jeweils vorherrschende Situation bringen.
Um wirtschaftlich agiler zu werden, muss erst entsprechend geforscht werden, denn dann steht bald der intergalaktische Marktplatz zur Verfügung, über denn dann Ressourcen und Luxusgüter ge- und verkauft werden können – sehr praktisch, wenn einen die rundenweise Unterhaltskosten auffressen oder bestimmte, nötige Metalle bisher nicht gefunden werden konnten, aber für Module zum Raumschiffbau benötigt werden.

Anfänglich stehen nur ein Scout und ein Kolonie-Schiff in der Flotte zur Verfügung und nur genau diese können nachgebaut werden. Für neue Raumschiffe müssen erst neue Schiffshüllen erforscht werden und zur Ausrüstung der Schiffe neue Antriebe, Waffen, Schilde, Support-Module, u.v.m.
Gerade in Sachen Ausrüstung läßt sich auch einiges auf Planeten finden, wenn diese durch Spähersonden erkundet werden. So gelangt man auch an Artefakte der vergangenen und verlorenen Rasse der „Endless“-Spezies. Die Erstellung neuer Raumschifftypen gelingt recht einfach über das Flottenmenü und im späteren Spielverlauf kann aus reichlich Variationen gewählt werden – nötig wird dies später immer öfter, um aufeinander abgestimmte Flotten („Tanks“, „Fernkämpfer“, „Heiler“) zu gestalten, damit gerade aggressive Spezies im Zaum gehalten werden können.

Die Diplomatie ergibt sich erst, wenn andere Spezies entdeckt wurden (oder sie einen auffinden) und beginnen typischerweise eher verhalten. Je nach Eigenart der Rassen, deren Status im Universum und der Herangehensweise (Handelsangebote oder gleich Krieg erklären), ergeben sich verschiedene Handelsoptionen, wie der Austausch von Kartenteilen von Sternensystemen bzw. deren Verbindungen, Ressourcenabgaben bis hin zu Grenzenschliessung und Krieg oder Frieden.

Dargestellt wird dies alles sehr detailliert in reichlich hochaufgelösten Tabellen und Übersichten und mit viel Text^^. Das Weltall ist oberflächlich gesehen dröge gezeichnet, aber bietet bei dessen Ausmassen genügend „Draufsicht“ und Details, um alles wieder zu erkennen. In die Systeme hineingezoomt erfährt man genaue Vorstellungen der einzelnen Planeten, nebst Grossaufnahmen^^ und wenn ein Planet kolonisiert wird, gibt es, je nach Planetentyp und -beschaffenheit, kleine Landungszwischensequenzen mit gutem Eindruck der neuen Welt.
Bauten und Errungenschaften werden durch kleine Bildchen dargestellt, Spezies durch Avatar-Köpfe und im Diplomatie-Bereich ganzkörperhaft. Raumschiffschlachten laufen zwar automatisiert ab – hier auch je nach voreingestellter Kampftaktik -, man kann sich aber entscheiden diesen zuzusehen und dann wird die Schlacht (auf Wunsch Zeitbeschleunigt) hübsch dargestellt.
Eroberungen von Planeten werden, auf Wunsch, durch Bodentruppen dargestellt, die aufeinander zustürmen und wild ballern – die Grafik gleicht hier einem entfernten Scan des Geschehens.

Alles in allem eine zum Genre passende Präsentation – auch im Bereich der Soundkulissen -, die natürlich kein AAA-Shooter-Flair verbreitet, dies aber auch nicht will, es soll ja zweckmäßig hübsch sein :), aber hässlich ist auch anders. Gelegentliche, nicht nachvollziehbare Ruckler lassen einen jedoch auch stutzen, denn dies gibt die Darstellung nicht wieder und die Runden-Berechnungen laufen ja ausserhalb der GPU^^, man damit aber leben, denn auch nach 200+ Runden hält sich dies immer in Grenzen.

Rundum läßt sich festhalten, dass hier also auch nicht das Rad neu erfunden wird, aber man wunderbar genre-typisch agiert und spielt und stundenlang beschäftigt ist. Der übliche Effekt: „die eine Runde noch“, „die eine Forschung schnell zu Ende bringen“ oder „eben noch das System anfliegen“ sorgt denn auch für langanhaltende Spielesessions am Stück.

 
Wertung:
Spielspaß: 5 von 6 Punkten.

Daten:
Plattform: PC (Steam)
USK: 12
Publisher: Koch Media
(SEGA)

 

Screenshots:

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